Donnerstag, 30. August 2007

Der späte Ausgleich und verfrühte Herbstdepressionen

24.08.2007: 3. Spieltag OL BaWü: VFL Kirchheim/Teck gegen SV Waldhof 1:1
Es stand der dritte Spieltag in der Oberliga Baden Württemberg an und die Anfangseuphorie hielt nach dem guten Saisonstart (0:0 in Ulm, 3:2 gegen Gmünd) noch an. Wie schnell die Stimmung jedoch ins Gegenteil schwanken kann, zeigt die 89. Minute im Kirchheimer Stadion. Im Grunde sind wir es ja gewohnt das nach den ersten guten Spielen unserer Mannschaft recht schnell die wahre Klasse, oder eben das Fehlen selbiger, deutlich wird, aber das dies schon zu einem derart frühen Zeitpunkt passiert und das auch noch gegen einen Aufsteiger ist symptomatisch für diesen Verein.
Naja, die Geschichte des Spiels ist schnell erzählt: Wenn man seit Jahren mit den Waldhöfern auf die Auswärtsspiele fährt kommt es einem eigentlich wie ein einziges deja vu vor. Wie so oft ging der Favorit zwar schnell in Führung, diesmal durch den neuen Sturmtank Daniel Reule in der 14. Minute. Danach waren die Herren in Weiß wohl nicht mehr motiviert das 2:0 nachzulegen, jedenfalls stellt sich man sich die Frage warum sich eine so hochkarätig besetzte Mannschaft gegen einen Aufsteiger so schwer macht. Fairerweise muss man eingestehen, dass dem schwäbischen Außenseiter es in der zweiten Halbzeit mehr und mehr gelang die Oberhand zu gewinnen. Als hätte es man nicht vorausahnen können haben es die 11 Mannheimer Dilettanten dann auch geschafft sich in der letzten Minute den Ausgleich einschenken zu lassen.
Man kann ja uns Waldhof-Fans einiges nachsagen, aber bestimmt nicht dass wir anspruchsvoll sind. Die Stimmung war trotz des müden Kicks erstaunlich gut und der Support gestaltete sich über die 90 Minuten sehr abwechslungsreich. Wäre das Spiel drei Minuten früher fertig gewesen hätte sich auch niemand über die schlechte Leistung beschwert, sondern wäre zufrieden nach Hause gefahren. Da dies aber nicht der Fall gewesen ist, eskalierte die Situation nach dem Schlusspfiff, was man besonders der prügelwütigen Dorfpolizei zu verdanken hatte.
Das sich der Anhang nach Schlusspfiff lautstark über die eigenen Spieler echauffierte und dabei auch sicherlich nicht viel nette Worte gefallen sind ist zu verstehen, warum sich der grüne Schnittlauch-Mobb aber so provokant am Zaun formierte und jegliche Kommunikation zwischen Zuschauern und Spielern unterband bleibt wohl das Geheimnis des Einsatzleiters. Anscheinend wollten die übermotivierten Dorfbullen den vom Wahnsinn befallenen VFL-Geschäftsführer Walter Rau nicht enttäuschen, schließlich warnte dieser wenige Tage zuvor vor der Anreise von 90 gewaltbereiten Fans. Da aber keiner der der Mannheimer Anstalten machte sich mit irgendwelchen Kirchheimer Vollidioten anzulegen, sondern eher darauf aus war die eigenen Spieler verbal in den Arsch zu treten, mussten sich die Schildkröten was neues überlegen, um uns in einem schlechten Licht erscheinen zu lassen.
Sie entschieden sich dann dafür unter Einsatz des eigenen Lebens jeglichen Kontakt unsererseits mit dem extra für die „Käfighaltung“ aufgestellten Bauzaun zu vermeiden. Jeder der selbigen zu nahe kam musste damit rechen unverzüglich einen gezielten Hieb mit dem Schlagstock abzubekommen. Auch Marek und Ich, die sich eigentlich über 90 Minuten mit den drei anderen Mitfahrern Marcel, Salzer und Fabian ein wenig abseits des Ultrabereichs aufhielten, machten erste Erfahrungen mit der Schlagtechnik der Bundesbeamten. Als wir in vorderster Reihe darauf konzentrierten Örüm, Reule und Co. die Meinung zu sagen, wurden wir unvermittelt von hinten auf diese gestoßen und fingen uns unvermittelt einige Schläge ein.
Ich kann von Glück sagen dass die Polizistin, deren Angst schon durch das auffällige Zittern deutlich wurde, meine „Schatzkiste“ verfehlte und nur den Oberschenkel traf. Marek musste diesmal mehr einstecken: Zuerst wurde er von der gleichen Beamtin angespuckt und musste dann noch einen Schlag knapp unters Auge wegstecken. Klar dass er nach dieser Aktion einen verbalen Blumenstrauß für sie bereit hielt, ich erinnere mich an den ungefähren Wortlaut: „Du Fotze, irgendwann seh ich dich wieder und dann fick ich dich tot.“
Eine Verhaftung wegen Beamtenbeleidigung konnten wir nur verhindern indem ich mit Hilfe eines Doppelhalters die Sicht der Polizisten behinderte und Marek damit eine Fluchtmöglichkeit bot. Nachdem wir außerhalb des Stadions noch höflich verabschiedet wurden („Schönen Abend noch, du Sack“) traten wir dann leicht gereizt und resigniert die 180km Heimreise an. Wieder mal zeigte sich auf derbste Weise was man sich heutzutage alles von den Peinigern in Grün gefallen lassen muss und was einem kein Mensch glaubt, der nicht selbst einmal Opfer übertriebener Polizeigewalt wurde. „Waldhof-Auswärts“ ist eben wesentlich mehr als 90 Minuten langweiliger Amateurfußball. Das einzige was uns an dem Abend noch begeistern konnte war das Feuerwerk über Stuttgart, das von der Autobahn wunderbar zu beobachten war und der spontane Einfall von mir und Marek am darauf folgenden Samstag die Freunde in Nürnberg besuchen zu fahren, bei denen das Spitzenspiel gegen Werder anstand.

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